"Keine Hass-Ideologie"
Außer in Frankfurt gibt es noch vier Standorte für islamisch-theologische Studien in Deutschland. Aus Anlass des Kongresses gaben Agai und die Vertreter des Fachs aus den anderen Universitäten eine Stellungnahme ab, in der sie „Terror des so genannten Islamischen Staats“ und „Deutungen, die den Islam zu einer archaischen Ideologie des Hasses und der Gewalt pervertieren“, scharf verurteilen. Die Deutungshoheit über den Islam dürfe nicht Extremisten und Gewalttätern überlassen werden und müsse in Deutschland aus der Mitte der Gesellschaft heraus erfolgen, unter anderem an den Universitäten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. September 2014
Interview mit Koran-Expertin Neuwierth
Ganz klar handelt es sich hier um einen Missbrauch des Islam. Das Kriegsrecht, das es im Islam auch gibt, hat überhaupt nichts damit zu tun. Das erinnert eher an die frühislamische Sekte der Charidschiten aus dem 7. Jahrhundert, die mit ähnlich triumphalen Gestus roheste Gewalt anwendete. Sie hat mit extremer Grausamkeit alle nicht zur eigenen Gruppe gehörenden Muslime systematisch verfolgt. Damals ließ man aber Andersgläubige, Christen und Juden, unbehelligt. Die mussten nicht dafür bestraft werden, dass sie sich der radikalen Sekte nicht anschlossen. So etwas wie IS hat es sonst in der gesamten islamischen Geschichte nie gegeben, schon gar nicht unter dem Deckmantel der islamischen Religion.
Mittelbayerische, 15. September 2014
Zerschlagenes Porzellan wieder kitten
Hannover - 16. September 2014. Der Aufbau eines Präventionsangebots für die Angehörigen junger Menschen, die
in neosalafistischen Extremismus und Gewalt abzudriften drohen, schreitet voran.
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat in einem weiteren Gespräch
mit Vertreterinnen und Vertretern der muslimischen Verbände DITIB und SCHURA die
Grundzüge einer solchen Beratungsstelle festgelegt. Es besteht Einigkeit, dass
eine solche Präventionsstelle in freier Trägerschaft unter Beteiligung der
Verbände eingerichtet wird.
Die Sozialministerin und die Vertreterinnen und Vertreter muslimischer
Verbände waren sich bei der Zusammenkunft im Niedersächsischen Sozialministerium
am Montagabend auch einig in der Frage, dass eine solche Präventionsstelle mit
Beschäftigten besetzt werden muss, die sich mit den Lebenswelten der Muslime in
Niedersachsen gut auskennen. Der Islamwissenschaftler Rauf Ceylan von der
Universität Osnabrück soll den Aufbau der Präventionsstelle wissenschaftlich
begleiten, zu der nächsten für Oktober geplanten Zusammenkunft wird er
eingeladen. Es geht nun auch konkret um die Frage, wer Träger der
Präventionsstelle in Niedersachsen wird und wie eng die Kooperation mit
benachbarten Bundesländern aussehen soll.
Der SCHURA-Vorsitzende Avni Altiner erklärte nach dem Gespräch: "Die
Vorgängerregierung hat viel Porzellan zerschlagen, das wir nun wieder aufkehren
müssen. Es ist gut, dass die Präventionsarbeit jetzt beim Sozialministerium
angesiedelt ist." Sozialministerin Cornelia Rundt freute sich über die
Fortschritte bei den Gesprächen: "Schon jetzt ist klar, dass Stigmatisierungen
der Gesamtheit der Muslime, wie sie die Vorgängerregierung mit
Extremisten-Checklisten und Moscheekontrollen betrieben hat, ein Ende haben. Die
muslimischen Verbände werden nun eng eingebunden in die Präventionsarbeit, die
damit besser akzeptiert und wesentlich erfolgversprechender aufgestellt sein
wird."
Der DITIB-Vorsitzende Yilmaz Kilic ergänzte: "Die gesamtgesellschaftliche
Akzeptanz aber auch das Vertrauen der Muslime in eine Präventionsstelle ist eine
der tragenden Säulen für das geplante Beratungsangebot."
Schon jetzt stehen Beratungshotlines bereit, die von betroffenen jungen
Menschen sowie deren Familienangehörigen, Freundinnen und Freunden, Lehrerinnen
und Lehrern sowie Kolleginnen und Kollegen angerufen werden können:
- Hotline des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 0911 943 43 43 oder
beratung@bamf.bund.de
- Die DITIB (Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion) in
Niedersachsen bietet außerdem ein eigene Hotline für Familien- und
Sozialberatung an, an die sich Interessierte wenden können: 0221
3555590.
Volle Vielfalt voraus
Rund 40 junge Hanseaten mit und ohne muslimischen Hintergrund werden an der ersten Jungen Islam Konferenz (JIK) in Hamburg teilnehmen. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eröffnet die Veranstaltung am Sonnabend unter dem Motto "Volle Vielfalt Voraus", wie der Senat am Montag in Hamburg ankündigte.
Hamburger Abendblatt, 22. September 2014
Religionsgelehrter vs USA
Der katarische Religionsgelehrte Yusuf al-Qaradawi zeigte sich über die von den Amerikanern geführte Allianz gegen den "Islamischen Staat" wenig erfreut. Er sei gegen die Ideologie des IS und seine Vorgehensweise gleichermaßen. "Aber ich werde nie zustimmen, dass das Land, das den IS bekämpfen sollte, die Vereinigten Staaten sind. Sie lassen sich nicht von islamischen Werten, sondern von eigenen Interessen leiten, und zwar selbst dann, wenn Blut vergossen wird." So twitterte es der inzwischen 88-Jährige in die Welt hinaus - was für große Aufregung sorgte, denn Al-Qaradawi ist mit seiner auf Al-Dschasira ausgestrahlten Fernsehsendung "Al-Sharia wa´l hayat" ("Die Scharia und das Leben") einer der populärsten Fernsehprediger der arabischen Welt.
Deutsche Welle, 25. September 2014
Irritierender Auftritt von Kamouss
Es ist in diesen Tagen schwer, über den Islam zu reden, ohne dabei die Bilder brutalen Mordens im Kopf zu haben - es sei denn, man ist der Imam Abdul Adhim Kamouss. Nein, ein Hassprediger ist er nicht, sondern, ganz im Gegenteil, ein Friedensprediger, doch das macht seinen Auftritt bei Günther Jauch nicht weniger irritierend.
stern online, 29. September 2014
Warum streng gläubig?
Experten geben unterschiedliche Antworten auf die Frage, warum auch in Deutschland aufgewachsene Mädchen plötzlich besonders streng gläubig oder gar radikal werden. Manchmal sei es für sie eine Möglichkeit der Kontrolle des allmächtigen Vaters oder Bruders zu entkommen, sagt Ahmad Mansour von der Beratungsstelle Hajat. So haben sie etwas eigenes, das man ihnen nicht verbieten könne. Auch Götz Nordbruch, der Präventionsarbeit in Schulen und im Internet macht, gibt an, ein Drittel bis ein Viertel der Klientel von ufuq.de seien Mädchen.
Zeit online, 4. Oktober 2014
Anschläge auf Moscheen
Hannover - 7. Oktober 2014. „Politisch unverbesserliche Außenseiter haben in Hannover und Delmenhorst
grob die Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders verletzt." Das sagt
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt mit Blick darauf, dass in
Delmenhorst ein Schweinekopf und in Hannover-Stadthagen eine diffamierende Puppe
vor Moscheen abgelegt worden sind. Im September war ein Molotow-Cocktail
vor einer Moschee in Oldenburg zerplatzt. Gemeinsam mit dem Landesvorsitzenden
der Ditib (Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.), Yilmaz
Kiliç, verurteilt sie die Tat Unbekannter. Rundt: „Wir versichern den
verständlicher Weise gekränkten Muslimen in Delmenhorst und Hannover, dass wir
diese Art der Verunglimpfung von Bürgerinnen und Bürgern verurteilen und dagegen
vorgehen werden." Es handele sich nicht um einen Dumme-Jungen-Streich, sondern
um eine vermutlich politisch motivierte Tat, deren Hintergründe nun ermittelt
werden müssten, so Rundt.
Yilmaz Kiliç sagte: „Wir sind zutiefst bestürzt und empört, dass die
Anschläge in den letzten Wochen zugenommen haben und die Vorgehensweisen
parallele Strukturen aufweisen." Er sei jedoch froh, dass sich die betroffenen
Gemeindemitglieder nicht provozieren lassen, so der Ditib-Landesvorsitzende.
„Wir hoffen nun darauf, dass die Sicherheitskräfte und die anderen zuständigen
Stellen alles Mögliche tun werden, um für Aufklärung zu sorgen und dabei die
notwendige Sensibilität zu zeigen." Kiliç betonte, dass nun die Zeit „der
Solidarität und des Hinschauens" sei: „Wichtig ist, den Respekt gegenüber den
Muslimen in der Gesellschaft nicht erschüttern zu lassen und dort auf Augenhöhe
weiter zu machen, wo man war."
Auch Cornelia Rundt, die in der Landesregierung für die Umsetzung von
Projekten für und mit Migrantinnen und Migranten zuständig ist, möchte, dass die
insgesamt positive Entwicklung nicht durch derartige Attacken in Mitleidenschaft
gezogen wird. „In Niedersachsen setzen wir auf die Willkommenskultur - Menschen
mit anderer kultureller oder religiöser Prägung werden als Bereicherung
verstanden, ihnen muss die volle Teilhabe am gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben gewährt werden." Vor diesem
Hintergrund stellt die Sozialministerin klar: „Ausländerfeindlichkeit ist nicht
nur verabscheuenswürdig, sie offenbart auch die Unkenntnis und Unreife derer,
die sie verbreiten."
Weg von radikalen Deutungen
Der Berliner Diplompsychologe Ahmad Mansour will muslimischen Jugendlichen helfen, sich von erzkonservativen oder radikalen Deutungen ihrer Religion zu lösen. Ein Gespräch.
Deutsche Welle, 15. Oktober 2014
Mehr Islam hilft gegen Islamismus
Was auch immer bislang rätselhaft bleibt an den Beweggründen derer, die vom frommen Terror fasziniert sind, in einem sind sich die Beobachter einig: Sie haben allesamt wenig oder keine Ahnung vom Islam. Sie wissen so gut wie nichts von der Geschichte des Maghreb oder des Nahen und Mittleren Ostens. Ahnungslos steigen sie, verbal oder real, auf das Abenteuer primitiver Gotteskrieger ein. Gegen Ahnungslosigkeit aber ist der Mensch nur mit Ahnung gewappnet, besser noch: Mit Wissen.
Der Tagesspiegel, 20. Oktober 2014
Aufgelesen (IX)
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